BGH-Entscheidung: Bei „Hamburger Brauch“ beginnt die Verjährung nicht mit dem Verstoß, sondern erst mit der Bezifferung der Forderung

10.02.2023

Mit Urteil vom 27. Oktober 2022 (Az. I ZR 141/21 – Vertragsstrafenverjährung) entschied der Bundesgerichtshof, dass bei der Geltendmachung einer Vertragsstrafe aus einer Unterlassungsverpflichtung mit „Hamburger Brauch“ die Verjährung erst mit der Festlegung der Höhe der Vertragsstrafe durch den Gläubiger beginne.

Der sogenannte „Hamburger Brauch“ ist eine alternative Methode, ein Vertragsstrafenversprechen in einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu formulieren. Nach klassischer Art und Weise wird ein Verstoß gegen eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung typischerweise mit einer bezifferten Vertragsstrafe belegt. Diese beläuft sich häufig auf € 5.100, um den erforderlichen Streitwert für die landgerichtliche Zuständigkeit zu erreichen. Alternativ kann allerdings auch auf die Bezifferung einer konkreten Vertragsstrafe verzichtet werden. In diesem Fall wird eine angemessene Vertragsstrafe vereinbart und die Überprüfung der Angemessenheit in die Zuständigkeit des zuständigen Gerichts überstellt. Letztere Variante ist der sogenannte „Hamburger Brauch“.

In seinem Urteil kommt der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis, dass eine Vertragsstrafe nach dem „Hamburger Brauch“ wirksam vereinbart wurde und ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung vorgelegen habe. Die Vertragsstrafe war mithin verwirkt. Hinsichtlich der Verjährung – so die Karlsruher Richter – sei allerdings zu beachten, dass für die Entstehung des Anspruchs gelte, dass diese erstmals geltend gemacht worden sein müsse. Eine Geltendmachung läge aber nicht bereits in dem Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung. Zwar wird die Vertragsstrafe auch bei einer Formulierung nach „Hamburger Brauch“ durch einen Verstoß automatisch verwirkt, allerdings fehle es bei der Formulierungsvariante nach „Hamburger Brauch“ an der erforderlichen Konkretisierung. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs könne ein sofortiger Beginn der Verjährungslaufzeit auch nicht damit begründet werden, dass andernfalls der Gläubiger die Fälligkeit beliebig nach hinten schieben könne. Nach Ansicht der Karlsruher Richter hat der Gläubiger regelmäßig ein Interesse an einer baldigen Geltendmachung des Anspruchs und zum anderen Teil könne der Schuldner den Anspruch auch gerichtlich prüfen lassen. Einschränkend weist der Bundesgerichtshof allerdings darauf hin, dass ein Anspruchsverlust unter Umständen aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) folgen kann, wenn der Gläubiger längere Zeit seinen Anspruch nicht verfolge. Hier wird man aber – entsprechend der Rechtsprechung zu Treu und Glauben – hohe Anforderungen setzen müssen.