Der Geschmack „Birnen-Sorbet mit Hauch von Alkohol“ rechtfertigt nach Auffassung des OLG München nicht die Bezeichnung „Champagner-Sorbet“

31.01.2022

Mit Urteil vom 1. Juli 2021 (Az.: 29 U 1698/14) hat das OLG München in der besser als „Champagner-Sorbet II“ bekannten Entscheidung nun rechtskräftig festgestellt, dass ein vom Discounter ALDI SÜD vertriebenes Produkt mit der Bezeichnung „Champagner-Sorbet“ die geschützte Bezeichnung „Champagner“ in unzulässiger Weise verwende und deren Ansehen ausnutze.

Der im Laufe des Verfahrens angerufene Europäische Gerichtshof hat bereits, wie ebenfalls auf dieser Seite berichtet, entschieden, dass die Verwendung der Bezeichnung „Champagner“ nur dann gerechtfertigt sei, wenn der Champagner dem Produkt auch wesentliche Eigenschaften, also den Geschmack, verleihe. Der bloße Umstand, dass das hiesige Produkt unstreitig Champagner als Zutat enthielt, war daher allein nicht ausreichend.

Nach Beantwortung der Vorlagefrage durch den Europäischen Gerichtshof war nunmehr durch die nationalen Tatsacheninstanzen zu klären, ob hier eine wesentliche Prägung der Eigenschaften des Produktes durch Champagner vorlag. Wie nicht anders zu erwarten, gestaltete sich diese Feststellung als äußerst schwierig, da das streitgegenständliche Produkt nicht mehr produziert und damit nicht mehr verfügbar war. Im Rahmen der durch das Oberlandesgericht München durchgeführten Beweisaufnahme kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass das Produkt nicht durch den Geschmack von Champagner geprägt sei, sondern nach „Birnen-Sorbet mit einem Hauch von Alkohol“ schmecke. Diese Feststellung stützte das Gericht auf die durchgeführte Beweisaufnahme und die Vernehmung eines Zeugen. Nach Ausführungen des Gerichts bekundete der Zeuge, dass das streitgegen­ständliche Erzeugnis nicht nach Champagner schmecke, sondern vom dominanten Aroma von Birne geprägt sei, gefolgt von Zucker, Zitronensäure und einem Hauch Alkohol.

Kritisch ist in diesem Zusammenhang freilich, dass der hier die Entscheidung tragende Zeuge seine Aussage auf eine zweifache Verkostung des Produkts aus dem Jahr 2012 stützt. Der Zeuge gab im Rahmen der Zeugenvernehmung an, dass er sich damals Notizen über das Verkostungsergebnis gemacht habe und diese an die hiesige Klägerin weitergeleitet habe. Die Notizen seien aber nicht mehr auffindbar. An das Verkostungsergebnis und den dadurch gewonnenen Eindruck könne er sich allerdings noch gut erinnern.

Ferner gab der Zeuge im Rahmen des Verfahrens an, dass er keine besondere Ausbildung im Bereich Champagner vorweisen könne; weder sei er ausgebildeter Önologe noch Sommelier noch Master of Wine. Nach eigenen Angaben ist er als Geschäftsführer in einer PR-Agentur tätig, zu deren Hauptkunden die Klägerin im hiesigen Verfahren, also der Verband für Champagner-Wirtschaft, zählt.

Letztlich lässt sich die Entscheidung des Oberlandesgerichts München von außen betrachtet nicht kritisieren. Dennoch wird deutlich, dass die in der ex post-Beurteilung notwendige Einschätzung von prägenden Geschmacksbestandteilen gerade bei Produkten, die nicht mehr auf dem Markt gehandelt werden und auch nicht mehr verfügbar sind, in der Praxis äußerst schwierig ist und auch in vergleichbaren Konstellationen künftig für Probleme sorgen dürfte. Derartige Beweisprobleme dürften häufig zu Lasten desjenigen gehen, der eine geschützte Angabe verwenden möchte. Es kann daher nur dringend angeraten werden, bei derartigen Plänen entsprechende Vorsicht walten zu lassen und, sofern der Geschmack im Wesentlichen durch die in Bezug genommene Angabe geprägt wird, entsprechende Dokumentationen vorzuhalten.