Unterlassungsschuldner kann verpflichtet sein, Dritte aktiv zu überprüfen

01.11.2020

Mit Urteil vom 6. Februar 2020 (Az. 18 O 58/19) hat das Landgericht Dortmund entschieden, dass die in einer Unterlassungserklärung geregelte Vertragsstrafe auch dann verwirkt ist, wenn der Schuldner zwar alles getan hat, um eine Verletzung zu unterlassen, nicht aber alles, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige oder andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen.

In dem der Entscheidung des Landgerichts Dortmund zugrunde liegenden Verfahrens hatte der dortige Beklagte als Unterlassungsschuldner einen Onlinedienstleister zwar zur Löschung der zu unterlassenden Einträge aufgefordert; dennoch war die Werbung in der Folgezeit weiter abrufbar. Hierin sah der abmahnende Verband eine Verletzung der abgegebenen Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. Der Unterlassungsschuldner hingegen führte an, alles aus seiner Sicht Erforderliche getan zu haben.

Die Dortmunder Richter bestätigen nun, dass der Unterlassungsschuldner zwar grundsätzlich nicht für das Handeln von Dritten einzustehen habe, er allerdings gehalten sei, auf diese einzuwirken, wenn ihm das Handeln Dritter wirtschaftlich zu Gute komme und er eine entsprechende Einwirkungsmöglichkeit hat. Hierbei reiche die bloße Aufforderung, einen zu unterlassenden Beitrag zu entfernen, nicht aus. Den Unterlassungsschuldner treffe vielmehr auch die Verpflichtung, die Durchführung der Löschung durch Dritte zu überprüfen und bei nicht erfolgter Umsetzung des Löschungsbegehrens erneut zur Löschung aufzufordern. Der Unterlassungsschuldner darf sich nicht blind auf eine Löschungsbestätigung des Dritten verlassen, sondern hat eine ihm eigens obliegende Prüfpflicht zu erfüllen.

Das Urteil der Dortmunder Richter setzt die konsequente Linie der Rechtsprechung zu Rückrufpflichten des Unterlassungsschuldners konsequent fort. Gibt der Unterlassungs­schuldner eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, so hat er nicht nur eigene Werbemaßnahmen im Internet zu beseitigen, sondern auch von ihm zu verantwortende Werbemaßnahmen Dritter. Einzig selbstständiges Handeln Dritter ist ihm nicht zuzurechnen. Nach der Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ist daher mit der ständigen Rechtsprechung dafür Sorge zu tragen, dass alle inkriminierenden Anzeigen aus dem Internet gelöscht werden. Hierbei ist auch dringend anzuraten, eine Löschung des Google-Caches sowie des Bing-Caches zu veranlassen. Mit dem hier gegenständlichen Urteil des Landgerichts Dortmund sind die auf diese Weise auf den Weg gebrachten Löschungs­aufforderungen anschließend vom Unterlassungsschuldner zu überprüfen. Gerade hinsichtlich des Google-Caches ist seitens der Rechtsprechung entschieden, dass dem Unterlassungsschuldner eine Löschung des Google-Caches binnen 14 Tagen nach Abgabe der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zumutbar ist. Bei einer Nichtbeachtung der vorgenannten Vorgaben droht eine erneute Inanspruchnahme in Form der Geltendmachung einer Vertragsstrafe sowie der Verpflichtung zur erneuten Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. In der erneut abzugebenden Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung wird zudem ein erhöhtes Vertragsstrafeversprechen gefordert werden, da das ursprünglich abgegebene Versprechen zur Abschreckung nicht ausreichend war.

Aus Sicht des Unterlassungsschuldners sind bei Abgabe einer Unterlassungserklärung daher sofortige und umfangreiche Beseitigungsbemühungen vorzunehmen. Sollte sich der Unterlassungsschuldner hierzu in absehbarer Zeit nicht in der Lage sehen, so ist dies vorab mit dem Abmahnungsgegner zu besprechen. Aus Sicht des Unterlassungsgläubigers sollte die Einhaltung einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung regelmäßig geprüft und notfalls die fällige Vertragsstrafe durchgesetzt werden.